Colt Express

Spiel des Jahres 2015

Colt Express ist das neue Spiel des Jahres 2015.

Es handelt sich bei Colt Express um ein Programmierspiel, bei dem man zuerst versucht, möglichst gut seine Züge zu planen, bevor man dann sieht, was letztendlich dabei herauskommt.

Aber von Anfang an. Colt Express ist ein Spiel für 2-6 Spieler. Jeder Spieler spielt einen Banditen, der mit den Banditen der anderen Spielern zusammen einen Zug überfällt und versucht, möglichst die meiste Beute zu machen. Jeder Bandit hat einen Spezialfähigkeit, die es ihm erlaubt, einen bestimmten Vorteil zu nutzen. Bei 2 Spielern wird eine Variante gespielt, bei der jeder Spieler 2 Banditen spielt. Die Banditen bewegen sich im Zug von Waggon zu Waggon, prügeln und beschießen sich, versuchen dem Marshall auszuweichen und Beutestücke an sich zu nehmen.

Das Spielbrett ist kein Spielbrett, sondern ein Zug, bestehend aus einer Lok und einer Anzahl Waggons, die der Anzahl der Spieler entspricht. Diese sind dreidimensionale Konstrukte, die jeweils ein Wageninneres und ein Wagendach besitzen. In Zug werden Beutestücke verteilt, Juwelen im Wert von 500$ und Geldsäcke im Wert von 250$ bis 500$, in der Lok startet der Marshall mit einem Koffer, der 1000$ wert ist.

Gespielt wird in mehreren Runden. Jede Runde besteht aus mehreren Aktionen, die jeder Spieler durchführen kann. Dazu hat jeder Spieler ein Deck von Karten, die die einzelnen Aktionen vorgeben. Dies sind zum Beispiel: Sich im Zug bewegen. Vom Inneren eines Waggons auf das Dach oder umgekehrt wechseln. Auf einen anderen Banditen schießen. Einem anderen Banditen einen Schlag geben. Oder ein Beutestück aufnehmen. Jeder Spieler zieht sechs Karten. Diese geben vor, welche Aktionen der Spieler in der Runde einsetzen darf. Dann legt jeder Spieler reihum eine Karte auf den gemeinsamen Ablagestapel. Mittels dieses Ablagestapels planen die Spieler, was sie später für Aktionen durchführen möchten. Die Figuren im Zug werden in dieser Phase noch nicht bewegt.
Die Planungsrunde wird spannend durch einige Besonderheiten, die in den jeweiligen Runden passieren können. Zum Beispiel sind enthalten manche der Runden Tunnel. Während der Zug quasi durch den Tunnel fährt, spielen die Spieler ihre Karten mit der Rückseite nach oben, so dass niemand sieht, was man gerade gespielt hat. Andere Möglichkeiten sind, dass die Spieler zwei Karten auf einmal spielen dürfen, um zwei Aktionen direkt hintereinander ausführen zu können. Oder alle Spieler, die sich am Ende des Zuges auf dem Dach befinden, werden durch einen Ladekran auf den letzen Waggon des Zuges gesetzt.

Nachdem die Planungsphase abgeschlossen ist, werden die geplanten Aktionen durchgeführt. Dazu wird der Stapel umgedreht, und die einzelnen Aktionen werden aufgedeckt und ausgeführt. Manche Aktionen laufen einfach nur ab, ohne dass die Spieler noch Einfluss darauf nehmen können (zum Beispiel der Wechsel auf das Zugdach), bei anderen können die Spieler noch entscheiden, wie genau sie vorgehen möchten, beispielsweise, auf wen sie schießen möchten, welches Beutestück sie aufnehmen möchten, oder in welche Richtung sie sich bewegen möchten. Man kann sich jedoch nie dazu entscheiden, die Aktion ganz ausfallen zu lassen. Man muss sie immer ausführen, selbst wenn das nachteilig für einen ist. So kann es dazu kommen, dass ein sorgfältig geplanter Zug durch Aktionen anderer Spieler plötzlich vollkommen durcheinander gerät. Man haut Löcher in die Luft, versucht Beute an sich zu nehmen, obwohl gar keine vorhanden ist, oder bewegt sich über sein Ziel hinweg. Auf der anderen Seite kann es aber auch passieren, dass man einen Fehler bei der Planung gemacht hat, und der ganze Zug scheint sich in Luft aufzulösen. Aber dann katapultiert einen ein Schlag eines anderen Banditen doch noch an die korrekte Stelle, und es läuft besser, als man es sich erhofft hat.

Eine Besonderheit ist noch die Möglichkeit, sich mit den Banditen gegenseitig zu beschießen. Wenn man eine Schußkarte gespielt hat und in der Ausführungsphase ein gültiges Ziel hat, bekommt dieser Spieler eine Patronenkarte des schießenden Spielers aus einem speziellen Deck. Am Ende bekommt der Spieler, der die meisten erfolgreichen Schüsse abgegeben hat, einen Bonus von 1000$. Der Spieler, der angeschossen wurde, muss die Patronenkarte in sein eigenes Deck aufnehmen. Diese Karte hindert ihn im weiteren Spielverlauf, weil er so eine Aktionskarte weniger hat. Hat man zu irgendeinem Zeitpunkt der Planungsphase keine Aktionskarte, die man einsetzen will oder kann, darf man, anstatt eine Aktion zu planen, drei neue Karten ziehen. Dann hat man in der Ausführungsphase eine Aktion weniger als die anderen, hat aber vielleicht dann doch die eine Aktion zur Verfügung, die man unbedingt ausführen wollte.

Das Spiel endet, nachdem fünf Runden gespielt wurden. Alle Banditen zählen zusammen, wie viel Beute sie gemacht haben. Der Spieler mit den meisten abgegebenen Schüssen erhält noch den Bonus. Der Bandit mit dem meisten Geld gewinnt.

Das Spiel kann schnell in absolutes Chaos ausarten. Die einzelnen Runden starten meist noch so, wie geplant, aber ziemlich schnell durchkreuzen die Aktionen der anderen Spieler die eigenen Pläne. Dazu kommen die Sonderfähigkeiten der Banditen, die nochmal für weitere Unberechenbarkeit sorgen. So können manche Banditen zum Beispiel durch das Dach schiessen, mit Hieben anderen Banditen Beute klauen, oder durch Schüsse die anderen Banditen einen Waggon weiterbewegen.

Das so erzeugte Chaos ist für manche Spieler ein großer Spaß. Für manche Spieler hingegen ist das ausarten in vollkommenes Chaos jedoch eher abschreckend.

Letztendlich muss jeder für sich selber wissen, ob einem dies gefallen kann oder nicht. Wenn man kein Problem damit hat, dass die eigenen Pläne schnell aus dem Ruder laufen, und sich vielleicht diebisch darüber freuen kann, dass man einen anderen Spieler vollkommen aus dem Tritt gebracht hat, für den ist Colt Express ein exzellentes Spiel. Leute, die lieber alles genau planen können möchten, und die es absolut nicht ausstehen können, dass bereits eine einzige Aktion eines anderen Spielers einen die komplette Runde versaut, ist dieses Spiel allerdings nichts.

Überfall auf einen 3D Zug

Colt Express fällt sofort durch ein geniales Spielfeld auf, denn auf den Tisch kommt ein wirklich cool gestalteter 3D Zug, dessen Größe von der Anzahl der Spieler abhängig ist. Besonders gut finde ich, dass der Zug auch zusammengebaut problemlos in die Schachtel passt - ein Punkt, den ich mir bei so manchen Kinderspielen auch wünschen würde.

Worum geht es? Die Spieler sind Banditen, die bei Ihrem Raubzug im Zug möglichst viel Beute machen wollen. Zu erbeuten gibt es Geldsäcke (Wert variiert, Rubine und nicht zu vergessen einen großen Geldkoffer). Das Spiel läuft über 5 Spielrunden, in denen die Spieler in Abhängigkeit von der Strecke eine gewisse Anzahl an Aktionen planen müssen.

Diese Aktionen werden durch das Ausspielen von Karten durchgeführt. Jeder Spieler hat hierzu exakt den gleichen Kartensatz, von dem aus er 6 Handkarten für die Runde zieht. Mit diesen Karten muss der dann bis zu 5 Aktionen planen. Beginnend vom Startspieler aus, wird hierzu ein gemeinsamer, verdeckter Kartenstapel gebildet, auf den jeder Spieler der Reihe nach immer eine Karte auslegt. Alternativ kann man, anstatt eine Karte auszuspielen auch 3 Handkarten nachziehen.

Ist der gemeinsame Kartenstapel fertig, deckt der Startspieler der Reihe nach die Karten auf, und die Aktionen aller Spieler werden durchgeführt. Da die Aktionen einen Spielers den Standort und die Möglichkeiten der anderen Spieler beeinflussen, entsteht hier schnell ein Chaos, bei dem der ursprüngliche Plan plötzlich gar nicht mehr aufgeht.

Colt Express bietet hier sehr viel Spaß und sorgt immer wieder für lustige Momente bzw. Spielzüge. Durch einen gekonnten Faustschlag z.B. wird ein Mitspieler in einen anderen Wagon geschleudert, und mit Patronenkarten mülle ich das Deck einen Mitspielers so voll, dass er fast keine guten Aktionen mehr machen kann.

Auch wenn man bei Colt Express versuchen muss, bestmöglich zu planen, steht hier der Spielspaß doch an erster Stelle. Reine Strategen werden mit diesem Spiel sicherlich nicht so viel Freude haben, aber für alle anderen ist Colt Express immer eine spaßige Angelegenheit, die in 30 Minuten schnell gespielt ist.

Imposantes Spielmaterial und lustiger Programmiermechanismus

Colt Express ist ein Brettspiel mit Zugthema, bei dem die Spieler in die Rolle von Banditen schlüpfen, die versuchen, einen Zug zu überfallen. Zu Beginn einer Runde programmieren die Spieler alle Aktionen, die sie ausführen wollen vor, danach werden diese abwechselnd ausgeführt. Dazu gehären z. B. ihre Figuren durch die Waggons zu bewegen, Beute einzusammeln, auf andere Spieler zu schießen und andere Spieler zu schlagen, um deren Beute zu stehlen. Das Spiel ist gut gestaltet, mit hochwertigen Komponenten und klaren, leicht verständlichen Regeln. Das Spiel ist rasant, und die Spieler versuchen ständig, sich bei ihrer Jagd nach Reichtümern gegenseitig zu überlisten und auszutricksen.
Einer der ansprechendsten Aspekte von Colt Express ist der große Zug-Pappaufsteller. Die Spielkomponenten sind passend zu diesem Thema wunderschön illustriert. Die Spielmechanik ist so einfach, dass sie auch von Anfängern schnell erlernt werden kann, aber es gibt genug Strategie, um auch erfahrene Spieler zu beschäftigen.
Ich habe auch kleinere Kritikpunkte: nach mehreren Partien kann sich das Spielgefühl schon wiederholen. Die begrenzte Anzahl von Aktionen und die Glücksabhängigkeit des Spiels können dazu führen, dass sich manche Spiele so anfühlen, als würden sie jedes Mal demselben Drehbuch folgen. Hier können die Erweiterungen für Abhilfe sorgen.
Insgesamt ist Colt Express ein lustiges und fesselndes Spiel, das sich gut für Familien und Gelegenheitsspieler eignet. Auch wenn es nicht die Tiefe und den Wiederspielwert von ernsthafteren Strategiespielen hat, ist es eine solide Wahl für alle, die ein unbeschwertes und lustiges Spielerlebnis suchen.